
Von Star Wars zum Fechten
Profi-Fechter Henrik Barby berichtet aus der Welt des
Fechtsportes
Henrik Barby besucht seit der 5. Klasse das St. Hildegardis-Gymnasium. Trotz des
aktuellen Abiturstresses ließ er sich von seinem Deutschlehrer Jens Nürnberger über Fechten und Schule interviewen.
Nürnberger: Hallo Henrik, lange wusste ich ja gar nicht, dass ich einen echten Fechtmeister bei mir im Deutschgrundkurs sitzen habe! Zu Beginn interessiert mich als Laien natürlich, was deine augenblicklichen Positionen in den Fecht-Ranglisten sind.
Henrik: Ich belege zur Zeit den zweiten Platz in der deutschen U20-Rangliste und den siebten Platz der Senioren-Rangliste, so heißt bei uns der aktive Bereich, der Herrenbereich sozusagen. In der U20-Weltrangliste bin ich aktuell auf Platz 66. Es ist allerdings auch mein erstes Jahr im U20-Bereich.
Nürnberger: Das klingt wirklich beeindruckend! Wie bist du eigentlich zum Fechten gekommen? Das ist ja schon ein etwas ausgefallenerer Sport als z. B. Tennis oder Fußball.
Henrik: Ich bin zum Fechten gekommen, weil ich schon immer großer Star-Wars-Fan war und zu Hause mit dem Lichtschein der Taschenlampe rumgefuchtelt habe. Meine Eltern haben mich dann irgendwann zum Fechten geschickt. Die Fecht-AG fand im Hildegardis statt. So kam ich auch auf die Schule und das war ganz lustig.
Nürnberger: Seit wann fechtest du?
Henrik: Ich fechte jetzt seit 2016, also seit neun Jahren ungefähr. Davor war ich zuerst zwei Jahre in dem Hobbyverein beim PSV Duisburg. Und danach seit 2018 sechs Jahre in Moers beim Landesleistungsstützpunkt und trainiere seit dieser Saison in Bonn beim Bundesstützpunkt.
Nürnberger: Wenn dich eine Schülerin oder ein Schüler fragen würde, wieso er bzw. sie mit dem Fechten anfangen sollte, was würdest du antworten?
Henrik: Fechten ist ein wahnsinnig vielseitiger Sport. Es gibt viele Aspekte wie Technik, Taktik, Kraft, Koordination und Ausdauer. Und man muss nicht überall perfekt sein.
Manche sind schneller und dafür haben manche die bessere Kraft. Das gleicht sich dann auch immer ein bisschen aus. Das ist ganz cool.
Nürnberger: Als Lehrer muss ich natürlich die Frage stellen: Schule und Fechten, das klingt sehr stressig und nach wenig Freizeit. Kann man beidem gerecht werden?
Henrik: Ja, kann man. Fechten ist generell ein guter Ausgleich zum Leben und zur Schule. Es ist auch eine seltene Sportart, was immer ganz gut ankommt, wenn man darauf angesprochen wird. Man sagt, dass man fechtet und die meisten sagen, das ist ja cool. Was ich beim Fechten auch sehr mag, ist der taktische Aspekt. Man muss nicht unbedingt besser sein als sein Gegner – von der Kondition her zum Beispiel – sondern muss sich nur schlauer anstellen. Dadurch kann man auch gegen einen besseren Gegner gewinnen. Aber klar, stressig ist es mit Schule und Fechten schon, gerade jetzt im Abiturjahr. Vor allem, da ich fünfmal die Woche nach Bonn zum Training fahre. Ich fahre direkt nach der Schule los und bin auch wenig zu Hause und habe daher nicht die optimalen Bedingungen, für Klausuren zu lernen. Aber meine Eltern unterstützen mich sehr und auch die Schule. Wenn ich mal nicht da bin, schicken mir die Lehrer und Lehrerinnen die Sachen, damit ich online
nachgucken kann oder mir schicken die Mitschüler die Sachen zu, die wir im Unterricht gemacht haben.
Fechten und Schule zu schaffen, erfordert auch Durchhaltevermögen, weil auch ein bisschen an Schlaf verloren geht. Aber so ist das halt. Und es ist ja jetzt auch fast vorbei mit der Schule, deswegen muss man jetzt noch auf den letzten Metern durchziehen und dann wird es einfacher.
Nürnberger: Ich drücke dir natü rlich für den Endspurt im Abitur die Daumen! Hast du schon Pläne für die Zeit nach der Schule?
Henrik: Ich würde sehr gerne Fechten zu meinem Beruf machen. Mein Ziel ist es dabei, in die Sportfördergruppe der Bundeswehr zu kommen und Sportsoldat zu werden. Das ist ziemlich schwierig, weil nur begrenzte Plätze da sind. Da muss ich noch ein bisschen an mir arbeiten und wenn meine Leistungen irgendwann stimmen, komme ich auch da rein.
Das ist mein Ziel und so könnte ich auch Fechten zu meinem Beruf machen.
Nebenbei würde ich ganz gerne Psychologie studieren und dann irgendwas in die Richtung auch berulich machen, wenn ich meine Karriere beendet habe.
Nürnberger: Super, dass du auch schon an die Zeit nach dem Sport denkst! Gibt es
Fähigkeiten aus dem Fechtsport, die dir gerade in der Schule und generell im Leben helfen?
Henrik: Es gibt schon Fähigkeiten, die man durch den Sport lernt, die man auch in der
Schule oder generell im Leben nutzen kann. Zum Beispiel, dass man sich auf eine bestimmte Situation fokussiert und seinen Fokus auch nicht so schnell verliert, beziehungsweise auch schnell zurückbekommt. Nehmen wir eine Störung bei einer Klausur, jemand lässt einen Stift fallen, es gibt Lärm von draußen, die Aufsichten wechseln. Das alles stört mich nicht. Ich werde dadurch kaum abgelenkt und kann meinen Fokus auch sehr gut wiederfinden, wenn ich mal eine Pause
mache oder so. Man lernt auch, dass man sehr große Disziplinen bekommt, dass man Sachen durchzieht, auch wenn man da jetzt nicht so große Lust hat. Oder sich hinsetzt, obwohl man müde ist und seine Hausaufgaben macht und lernt und auch bei anderen Themen des Lebens einfach durchzuziehen. Viel helfen mir die Erfahrungen aus dem Fechtsport auch beim Umgang mit Stress. Durch Fechten lernt man, dass man sich nicht so vom Druck und vom Stress runterziehen lässt, sondern trotzdem funktioniert und auch
lösungsorientiert arbeitet, um dann auch gute Ergebnisse abzurufen, auch unter Druck. Bei Prüfungen kann ich so sehr ruhig bleiben, darauf bin ich von Lehrerinnen und Lehrern schon oft angesprochen worden. Akzeptanz ist das nächste, was ich gerne nennen würde. Durch den Sport lernt man, auch Rückschläge zu akzeptieren. Man lernt, dass man da nicht aufgibt, sondern versucht, seine Leistung beim nächsten Mal besser abzurufen und quasi wieder aufsteht und weitermacht.
Nürnberger: Das zeigt wieder, wie wichtig Sport für die persönliche Entwicklung ist! Wie viele Medaillen hast du inzwischen zu Hause an der Wand hängen?
Henrik: Ich habe insgesamt neun Medaillen bei deutschen Meisterschaften in verschiedenen Altersklassen gewonnen, davon sechsmal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze. Die meisten habe ich im Team gewonnen. Also ich habe drei Einzelmedaillen und sechs Medaillen im Team. Von den Einzelmedaillen habe ich auch meine zwei Titel: also ich bin deutscher Meister in der U15 und in der U17 geworden im Einzel. Dann habe ich in der U17 auf dem internationalen Turnier den dritten Platz im Einzel geholt und dann habe ich jetzt insgesamt drei Teilnahmen bei Europameisterschaften, also zwei
Teilnahmen bei Europameisterschaften in der U17 und quasi auch zwei Teilnahmen bei Europameisterschaften in der U20, weil ich letzte Saison auch in beiden Altersklassen gestartet bin, was halt schon eine echte Herausforderung war. Da bin ich stolz auf meine Leistung. Und das gleiche auch bei der Weltmeisterschaft. Mein größter Erfolg ist aber die Bronzemedaille bei der Europameisterschaft in Antalya,
im Team, die ich jetzt im Februar geholt habe. Das war eine starke Leistung von uns, weil wir ein sehr starkes Team wie Italien
rausgehauen haben, die halt auf Platz eins gesetzt waren. Die Bronzemedaille haben wir uns da als Team echt verdient. Und dann mal schauen, wie es dann bei der Weltmeisterschaft jetzt läuft.
Nürnberger: Henrik, ich danke dir für den spannenden Einblick in die Welt des Fechtens!
Henrik: Gerne